Quer durch die Welt.

Monat: September 2021 (Seite 1 von 3)

Nichts Weltbewegendes…

Heute ist der letzte Tag der ursprünglichen Red.Line.Challenge. Ich bin zurück in Deutschland, zurück in Köln, zurück in meinem Leben.

Ich bin schon relativ viel gereist. Ich war in vielen Städten, wie Paris, Rom oder Istanbul und ich habe schon zwei große Wanderungen durch Spanien hinter mir. Bei kaum einer von diesen Reisen hatte ich das Gefühl, dass sie so viel verändert haben, wie diese Reise es getan hat. Als ich in Istanbul war, ist am ersten Morgen in der Stadt in der Nähe meines Hotels eine Bombe explodiert, es starben 12 Menschen. Am Abend zuvor, als ich ankam,  hatte das Nachbarhaus gebrannt und ich habe mir angeschaut, wie man die Menschen aus den oberen Stockwerken gerettet hat. Trotzdem habe ich mich davon nicht abhalten lassen Istanbul zu entdecken. Trotzdem war die Zeit dort am Ende eine positive. Der Brand und die Explosion haben mich erschüttert und verunsichert und sie haben aus meinen ersten Tagen in der Stadt auch Tage der Angst gemacht, aber mir war nichts passiert und ich wusste, dass ich das Land jederzeit wieder verlassen kann, wenn ich es möchte. Diese Gewissheit begleitet mich und auch die meisten, die das hier lesen, auf allen unseren Reisen. Wenn es schwierig wird haben wir dank unserer Herkunft viele Hebel, die wir in Bewegung setzen können, um aus einer schwierigen Situation zu fliehen. Viele Menschen auf der Welt, genauer 70 Millionen andere, die auf der Flucht sind, haben keinen einzige dieser Hebel. Diese Menschen sind auf sich allein gestellt. Diese Menschen nennen wir „Flüchtlinge“.

Da sind wir wieder. Bikel und ich sind gut in der Heimat angekommen.

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Trauma

Traumatisiert sein heißt, dass man mit seinen Gedanken, auch den unbewussten, und seinen Gefühlen nicht immer bei der Sache ist. Traumatisiert sein heißt temporär dissoziativ sein. Menschen, die ein Trauma erlebt haben, sind nicht immer in der Lage Situationen nach „normalen“ Maßstäben einzuschätzen. Diesen Menschen fehlt Sicherheit und Kontinuität. 

Überall auf der Welt erleben Menschen Traumata und viele von ihnen sind damit allein. Viele entwickeln psychische Störungen, wie Depressionen, Schizophrenie, Angststörungen und vieles mehr. Menschen, die ein Trauma erleben, leben danach unter dauerndem Stress. Sie werden von sog. „Triggern“ zurück in die Situation versetzt, in der das Trauma passierte. Trigger sind Schlüsselreize, die letztlich überall im Alltag lauern können und die niemand kennt außer der Person, die sie in Stress versetzen. Alleine schon aus diesem Grund, ist es für betroffene wichtig, dass sie sich dieser Reize bewusst sind und dass sie darüber mit jemandem sprechen können. Trigger können Geräusche sein, aber auch bestimmte Situationen oder Worte und Berührungen. Den meisten sieht man die Traumatisierung nicht auf den ersten Blick an, weshalb es passieren kann, dass sich diese Menschen in einer Situation unwohl fühlen, obwohl für alle anderen kein ersichtlicher Grund dafür vorliegt. Im schlimmsten Fall sind die Traumatisierten allein, isoliert mit ihrem Trauma und den damit verbundenen Problemen.

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Junge Frauen aus Afghanistan

Ich hatte auf meiner Reise das Glück, dass ich vor allem mit einigen der jungen Frauen längere Gespräche führen konnte. Wie schon erwähnt, ist der „Single Man“ Bereich in dem Lager auf Lesvos der Schlimmste. Es ist deshalb schlimm, so erkläre ich es mir jedenfalls, weil Männer, besonders junge Männer, oft sehr getrieben sind, ihre Gefühle kaum kontrollieren können und weil in patriachalen Gesellschaften junge Männer oft stark indokriniert werden. Man sieht es an den Taliban, welche in den Madrassas (den Gebetsschulen) überall im Land schon in frühester Kindheit auf männliche Dominanz getrimmt werden. Ihnen wird, ähnlich wie in Nordkorea, der Hass auf alles westliche eingeimpft und so bleibt kaum ein Weg für eine freie, eigene Meinung.

Die jungen werden getrennt von den Mädchen unterrichtet, wenn diese überhaupt Unterricht erhalten. Die Madrassas in Afghanistan werden auch von Saudi Arabien finanziert.

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Niemals geht man so ganz…

Puh, also ein Resümee der Reise an diesem Punkt zu ziehen ist irgendwie unmöglich. Ich habe es zwar sehr genossen unterwegs zu sein und Dinge zu sehen und zu erleben, die man vom Sofa aus nicht erleben kann, aber es war auch viel schwieriges mit dabei. Besonders in meiner Zeit „auf der Insel“ habe ich ein sehr zwiegespaltenes Gefühlsleben entwickelt. Auch der Umgang damit, ist zweigeteilt. Zum einen Dankbarkeit und Freude über Begegnungen und Erfahrungen, zum anderen Niedergeschlagenheit und Trauer über das Gesehene und Berichtete. Fangen wir aber mit der Schönheit dieses Ortes an, um beim lesen nicht völlig in eine Depression zu rutschen.

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Leben ohne Grenzen…

Die Frage danach, ob es möglich ist, friedlich miteinander zu leben, obwohl man aus verschiedenen Kulturen stammt, ist nicht einfach zu beantworten. Grundsätzlich würde ich sagen, ja, das ist möglich. Ich glaube aber auch, dass es dafür nötig ist, dass jeder bereit ist einen Teil der eigenen Kultur zu Opfern, um etwas Raum für neue Gemeinsamkeiten zu schaffen. Das heißt nicht, dass man sich völlig verändern muss, aber das heißt, dass man so offen aufeinander zugehen muss, dass es möglich ist miteinander zu existieren. Man muss Räume schaffen, die allen gehören, wo es keine Dominanz gibt sondern Gleichwertigkeit, ohne Abzüge. Für mich ist das nur möglich, wenn wir in der Lage sind uns von ideologischen oder idealisierten Vorstellungen verabschieden und uns für den Moment der Begegnung nur auf das wesentliche, auf den Mensch gegenüber konzentrieren. Hier hat es gestern ein kleines Festival gegeben, bei dem genau das passiert ist.

Es wurde Musik gemacht, gefeiert und man war zusammen ausgelassen, ohne es zu übertreiben.

 

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Glaube, Liebe, Hoffnung

Glaube, Liebe, Hoffnung sollen Grundsätze des Christentums sein. Ich glaube, das sind sie nicht. Ich liebe die Idee, dass sie schlicht die Essenz der Menschlichkeit sind und ich hoffe, dass jeder einzelne irgendwann im Leben so frei sein kann, dass Er oder Sie Ideologien, wie z.B. die irgendeiner starren religiösen Vorstellung, hinter sich lassen kann.

Wenn wir das Kreuz als Symbol der Verbindung aller Himmelsrichtungen verstehen, dann ist es ein Symbol mit dem ich einverstanden bin. Als Zeichen für das Leid der Kreuzigung ist es mir zu negativ. Das Herz bedarf keiner Erklärung und der Anker, der die Hoffnung sein kann, würde nirgendwo besser passen, als auf dieser Insel.

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The old mans eyes…

Abends sitze ich oft noch am Hafen, weil ich niemanden kenne und die Leute in der Wohnung nicht ständig „für mich da sein“ sollen. Sie haben genug um die Ohren und ich glaube, dass sie auch noch nicht genau wissen, wie sie mich einordnen sollen. Sowas braucht eben Zeit. Ich verstehe das, es ist aber eine etwas strange Situation, der ich mit dem andendlichen Spaziergang dann ein bisschen entfliehen kann. Meistens gibt es ein Eis und ich schaue mich einfach um oder sitze auf einer Bank. Gestern und heute hat sich ein älterer Herr zu mir gesellt. Heute haben wir uns dann mal unterhalten.

Es gibt schlimmere Orte um den Tag ausklingen zu lassen. Die Menschen sind lange draußen und so wird es nicht langweilig.

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Bitte kein Geld für Libyen…

Der Tag begann mit vielen schlechten Gefühlen, die in mir herumgeistern, seit ich diese Insel betreten habe. Neben dem üblichen schlechten Gewissen, auch andere Beklemmungen und ich versuchte durch einen frühen Spaziergang am Wasser und etwas Musik auf den Ohren ein paar davon loszuwerden. Es gelang mir nicht wirklich. Wie so oft, nahm ich die schöne Umgebung nur mit einem halben Auge wahr.

Zum lächeln war mir einfach nicht zu Mute.

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Was von Moria übrig blieb…

Heute war ich mit Ursula in dem Bereich unterwegs, wo noch bis letztes Jahr das Lager Moria gestanden hat. In diesem Lager waren zu Höchstzeiten etwa 17.000 Menschen untergebracht. Für mich war diese Zahl schon vorher unvorstellbar, jetzt ist sie einfach nur unbegreiflich für mich. Wie konnte die EU das zulassen, wie Griechenland das verantworten und vor allem, welches Recht hat man noch, nach dieser Art der Unterbringung die angeblich „illegale“ Migration zu kritisieren?

Hier stehen wir vor dem ehemaligen Laden des Lagers, der, wie alle anderen Gebäude auch komplett zerstört wurde.

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Always in between…

Moin,

Kurz mal ein etwas persönlicherer Beitrag bzgl. meines Befindens. Ich möchte gerne noch einmal darauf Aufmerksam machen, dass diese ganze Reise und auch der Versuch das alles mit dem Rad zu bewältigen, nicht einfach irgendein Urlaub waren bzw. sind. Besonders jetzt auf Lesvos, aber auch schon vorher sind die Gefühle oft ambivalent. Ich möchte mir weder zu viel erlauben, noch zu wenig. Ich möchte alles geben, aber zu viel darf es auch nicht sein. Ich möchte entspannen, aber das Ziel möchte ich nicht aus den Augen verlieren. Ich möchte nach Hause, aber ich möchte auch ausführlich berichten. Ich hadere beinahe tgl. damit, wie ich diesen inneren Konflikt auflösen kann. Ich sage das, damit ihr es nachvollziehen könnt, ohne Mitleid erregen zu wollen, das ist das letzte, was ich möchte. Mir ist es einfach wichtig, dass hier alle Aspekte dieses Trips zur Sprache kommen, auch dieser.

Das Meer ist praktisch vor meiner Tür, aber eben auch dieser unsägliche Ort, das „Camp“ genannte Lager, in dem Menschen hausen, ausharren, kämpfen müssen.

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