Die Frage danach, ob es möglich ist, friedlich miteinander zu leben, obwohl man aus verschiedenen Kulturen stammt, ist nicht einfach zu beantworten. Grundsätzlich würde ich sagen, ja, das ist möglich. Ich glaube aber auch, dass es dafür nötig ist, dass jeder bereit ist einen Teil der eigenen Kultur zu Opfern, um etwas Raum für neue Gemeinsamkeiten zu schaffen. Das heißt nicht, dass man sich völlig verändern muss, aber das heißt, dass man so offen aufeinander zugehen muss, dass es möglich ist miteinander zu existieren. Man muss Räume schaffen, die allen gehören, wo es keine Dominanz gibt sondern Gleichwertigkeit, ohne Abzüge. Für mich ist das nur möglich, wenn wir in der Lage sind uns von ideologischen oder idealisierten Vorstellungen verabschieden und uns für den Moment der Begegnung nur auf das wesentliche, auf den Mensch gegenüber konzentrieren. Hier hat es gestern ein kleines Festival gegeben, bei dem genau das passiert ist.

Es wurde Musik gemacht, gefeiert und man war zusammen ausgelassen, ohne es zu übertreiben.

 

Es gibt einfach keinen Grund, warum man nicht gemeinsam eine gute Zeit haben kann. Mensch ist Mensch. Zusammen sein, selbst wenn alle einen anderen Hintergrund haben, ist möglich. Nur durch gemeinsame Zeit und durch gemeinsame positive Erfahrungen kann man dir Skepsis und die Angst voreinander verlieren. Natürlich heißt das nicht, dass ein Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen einfach wäre. Der Alltag wird einige Kämpfe beinhalten, aber angesichts der Tatsache, daß Migration kein zeitlich begrenztes Phänomen ist, sondern etwas, dass uns vermutlich immer begegnen wird, sollten wir mehr solche Räume für Begegnung schaffen. Wir sollten versuchen uns im Positiven zu begegnen, um die negativen Begegnungen abzumildern, weil wir uns dann bereits kennen. Gestern hat das hier sehr gut funktioniert.

Das Festival war für und mit Geflüchteten organisiert und viele waren auch dort, aber auch viele Einheimische und natürlich die Helfer. Wie bereits erwähnt ist die Coronasituation derzeit entspannt hier, im Camp gibt es keinen einzigen Fall und es wird regelmäßig getestet. Außerdem war das Konzert um kurz nach Mitternacht vorbei und es gab weder Rangeleien, noch andere Probleme, viele waren einfach für ein paar Stunden glücklich. Ich habe das besonders an einem der Übersetzer gesehen, den ich Camp getroffen hatte und der hier auch auf der Bühne war. Er wirkte richtig gelöst und fröhlich und das hat mich sehr gefreut. Solche Momente sind wichtig und solche Auszeiten selten.

Ich habe mich sehr gefreut, dass die Truppe so fröhlich war. Mitreißend, aber unaufgeregt. Wirklich eine gute Erfahrung.

Schön, dass es diese Veranstaltungen gibt. Denn so kann ich am Dienstag mit einem etwas besseren Gefühl nach Hause fliegen. Allerdings weiß ich auch, dass so etwas vor allem deshalb möglich ist, weil im Vergleich zu den letzten 6 Jahren derzeit eine etwas entspanntere Zeit auf der Insel angebrochen ist. Wie lange sie anhält kann niemand sagen, aber ich gönne den Menschen, dass sie einmal aufatmen können, auch wenn ihr Alltag trotzdem noch schwierig ist. Ich hoffe sehr, dass die Menschen hier weiter die Kraft haben die schwierigen Situationen zu meistern, die diese interkulturelle Arbeit mit sich bringt und ich hoffe sehr, dass nicht zu viele von ihnen daran zerbrechen. Ich höre in Deutschland oft „Ich bin müde, was diese Thema angeht.“ Ich kann nur sagen, die „Müdigkeit“, die wir in Deutschland bzgl. dieses Themas empfinden ist wirklich ein „Fliegenschiss“ gegenüber der Müdigkeit, die die Helfer hier manchmal empfinden müssen. Ohne ihre Arbeit, wären wir in Deutschland nicht müde, wir wären ohnmächtig, denn dann würden Menschen kommen, die nie ein freundliches Gesicht, wie z.B. das von Mohammed, Kathie oder Ursula gesehen zu haben.

Gestern durften sie selber feiern, ich hoffe, irgendwann werden wir sie feiern. Unterstützen können wir sie jederzeit.