„Haben Sie schon einmal einen N[-Wort] getötet?“ soll Carl Peters (1856- 1918) oft gefragt haben, um zu zeigen, dass er das durchaus schon oft getan und genossen hatte. Carl Peters war deutscher. Carl Peters war einer der deutschen, die in den deutschen Kolonien Afrikas „im Namen des Volkes“ Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen. Peters gilt als Begründer der Kolonie Deutsch- Ostafrika. Zwar wurde er wegen seiner Einstellung später abgesetzt, dennoch konnte er lange schalten und walten, wie es seine rassistische Gesinnung ihm gebot. „Hängepeters“ nannte man ihn auch, weil er so viele unschuldige Menschen hängen ließ.
Deutschland sei keine „große“ Kolonialmacht gewesen, heißt es oft. Ich frage mich, bei mittlerweile etwa 150 Staaten auf der Welt, sind nicht diejenigen, die überhaupt zu einer Kolonialmacht werden konnten schon grundsätzlich als „groß“ zu bezeichnen. Ist der Kolonialismus an sich nicht Zeichen eines Größenwahnsinns, der die „Entdeckung der Welt“ schon seit Colombus begleitet hat? Ist es nicht auch die „christliche Mission“, die immer wieder dazu geführt hat, dass man nicht vernünftig, sondern im Sinne von Prophezeiungen und Irrationalitäten Länder mit Waffengewalt gleichzeitig be- und entvölkert hat, die bis dahin völlig anderen Gesetzen unterworfen waren, die man offensichtlich nie begriffen hat, weil man sich überlegen fühlte und teils bis heute überlegen fühlt?
Belgien, das ich sowohl von seiner Bedeutung als europäischem Staat, wie als Kolonialmacht, hier als eher „klein“ wahrnehmen würde, hat unter seinem König Leopold in Belgisch- Kongo so schlimm gewütet, dass sich die Republik Kongo bis heute nicht richtig davon erholt hat. Die Kongo Region ist sehr reich an Bodenschätzen, aber reich waren die Menschen dort nie. Reich wurden die Menschen in den Kaiser- und Königreichen Europas. Reich wurden die Peters und Leopolds dieser Tage. Die „Sklavennation“ USA konnte doch überhaupt nur in dieser Art existieren, weil auch das europäische Rassendenken die Versklavung der afrikanischen Bevölkerung normalisiert hatte.
Ich bin ehrlich gesagt froh, über die unkreative Namensgebung des deutschen Kaiserreichs und anderer Staaten, die heute kaum ein leugnen der Verantwortung für die verübten Verbrechen zulässt. „Deutsch- Ostafrika“ war ein durch und durch von Hierarchie und Ordnung geprägter Staat, in dem die Ausbeutung und Unterdrückung der rechtmäßigen Bewohner des Landes zum „Geschäftsmodell“ Kolonie dazugehörte. Im Kinderlied „Ein Mann, der sich Kolumbus nannt“ verharmlost man in der Nazizeit die im 19. Jahrhundert und danach begangen Verbrechen auf dem afrikanischen Kontinent und, oh Wunder, man erklärte sogar Carl Peters wieder zu einem Helden der deutschen Geschichte. Die Geschichte Deutsch- Ostafrikas wärte von 1885 bis 1918, sie ging mit dem Kaiserreich unter, trotzdem träumten auch die Nazis und andere noch lange von der Macht in Afrika. Die Nazis konnten sich aber nicht gegen die anderen Mächte (GB) dort durchsetzen.
In Deutsch- Ostafrika regierten nach 1918 Belgien und Großbritannien. Erst 1961 erhielt Taganjika seine Unabhängigkeit und wuchs über die Zeit zum heutigen Tansania zusammen, das auch die Insel Sansibar umfasst, die zur Zeit des deutschen Kolonialismus nicht zum deutschen Hoheitsgebiet zählte. Ich verlinke euch mal eine Interessante Doku über zwei Frauen, die Ende des 19.Jahrhunderts, als Kinder von Missionaren nach Tansania kamen und an deren Lebensweg man sehr schön sehen kann, wie grundlegend die Veränderungen waren, die mit den Missionaren und der Kolonialisierung nach Tansania kamen. Ich will dabei nicht verheimlichen, dass so natürlich auch Grundlagen heutigen Wirtschaftens gelegt wurden, aber trotz allem war es ein unrechgmäßiges Enteignen, das zum Teil bis heute anhält, wenn auch das Selbstbewusstsein der dortigen Bevölkerung langsam zu wachsen scheint. Ausserdem zeigt die Doku, dass menschenfeindliche Politik nicht bedeutet, daß alle Deutschen der damaligen Zeit schlechte Menschen gewesen wären, aber sie trugen ein System, dass in seinen Grundsätzen schon falsch gewesen ist, weil es eine sadistische Hierarchie herbeidenkt, die es nicht geben darf und die jeder Grundlage entbehrt.
Auch Tansania ist eigentlich ein reiches Land. Es ist reich an Tierarten, an Naturwundern, wie dem Kilimanjaro oder dem Viktoriasee (benannt nach der englischen Königin). Es ist reich an Kultur. Verschiedene Ethnien,wie die bekannten Massai, leben hier und auch die Serengeti befindet sich in Tansania. Das Land ist reich an Gold. Dieses Gold wird allerdings seit jeher von ortsfremden Firmen, hier AngloGold aus den USA und AshantiGoldfields das auf einen englischen Gründer in Ghana zurückgeht, abgebaut. Mittlerweile wurde aus beiden Unternehmen scheinbar AngloGoldAshanti mit Sitz in Südafrika. Wer sich mal mit dem Gold Afrikas auseinandersetzt wird überrascht sein, wie viel des exportieren Goldes schon vor dem Export nicht in afrikanischem Besitz ist. So viel zum „Postkolonialismus“ für heute.
Tansanias Menschen sind nicht Reich, Im Gegenteil. Tansania ist erst seit kurzer Zeit von der Liste der ärmsten Länder der Welt verschwunden, weil es politisch verhältnismäßig stabil ist. Diese politische Stabilität ist wichtigste Voraussetzung für Eigenständigkeit. Zu destabilisieren wird immer ausländische Profiteure auf den Plan rufen, die nicht selten an der Destabilisierung beteiligt sind, um z.B. Rohstoffe, wie Gold, günstig von irgendwelchen Rebellengruppen zu kaufen und nicht teuer von einem funktionierenden Staatswesen. Ich dachte, ich zeige an der Kolonialgeschichte mal ein wenig die deutsche Verantwortung in diesem Bereich auf und versuche so auch ein bisschen die Geographie und Geschichte Afrikas zu verinnerlichen, um es nicht immer als eine diffuse Einheit wahrzunehmen, sondern in all seiner Vielseitigkeit. Heute Deutsch- Ostafrika bis Tansania, nächstes Mal Deutsch- Süd-West Afrika. Bis dahin!
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