Sie luden die Toten auf Karren, die sie über das Kopfsteinpflaster zogen. Überall stank es nach Kot und Urin und die Ratten tummelten sich auf den Straßen. Die Menschen fürchteten sich voreinander und niemand wußte, wann das alles aufhörte. Menschen bekamen Fieber, schüttelten sich in Krämpfen, lagen darnieder mit schwarzen Eiterblasen, die aufplatzten, wenn die Krankheit langsam ihren Höhepunkt erreichte. Die Schmerzen waren fürchterlich und Mittel dagegen nicht mehr zu bekommen. Ein Heilmittel für die Krankheit gab es nicht und ihre Ursache war unbekannt. Die Pest hatte Europa in langen Pandemien mit hundertausenden Toten häufig in der Geschichte fest im Griff. Auch die Pocken, die spanische Grippe, Cholera oder Ebola und HIV waren und sind solche Verheerenden Katastrophen und lange waren die Menschen völlig machtlos.

Ich denke, dass es leider auch ein Teil von Pandemien ist, so lange machtlos zu sein, bis man versteht und um zu verstehen braucht es nun einmal Zeit. Wir haben keine Zeit, deshalb wird die Pandemie Opfer fordern, leider. Diese Wahrheit immer zu verdrängen ist nicht sinnvoll, wir müssen auch damit irgendwann fertig werden und dieses Wissen hilft, nicht nach einzelnen Schuldigen suchen zu müßen, denn es ist klar, hauptschuldig ist dieses Virus und sonst niemand. Deshalb fällt es mir auch schwer, mich ungehemmt an den Hasstiraden gegen ungeimpfte zu beteiligen, auch wenn ich es verstehen kann und die ungeimpften leider weniger verstehe. Die Zeit des zweifelns sollte langsam um sein, wenn es darum geht Unheil abzuwenden, ist eine Impfung die vernünftigste Entscheidung. Seht es als Empfehlung, ohne Zwang, eher ein Appell an den Verstand. Wir haben ein hervorragendes Gesundheitssystem, alles was fehlt ist Personal, sicher nicht die Expertise.

Wer geimpft sowas macht, ist aber genauso zum Nachdenken aufgefordert. Ich liebe Karneval, aber das geht garnicht.

Pandemien fördern leider auch immer viel schlechtes zu Tage, würde ich behaupten, auch wenn mir glücklicherweise die Erfahrung fehlt. Deshalb wundert mich nicht, wenn Menschen völlig verrückte Ideen entwickeln oder manche Kritik an einem Impfgegner in eine Art Hexenjagd ausufert. Es steckt eben doch in den Menschen, in Krisenzeiten Sündenbock und Prügelknaben aus dem Hut zu ziehen. Damals im Mittelalter selbstbewusste Frauen, heute eben der jeweils anders denkende. Ich will damit um Gottes willen keine Querdenker verteidigen, sondern spreche einfach von der Debattenkultur, die mittlerweile so kurzlebig ist, dass tiefergehendes Verständnis auch nach Gesprächen noch nicht möglich ist. Man hört sich nicht mehr zu, man verurteilt schnell, gnadenlos und dauerhaft. Sehr auszehrende Dynamiken der Diskussion, die auf Dauer sicher auch noch Folgen haben werden, wenn der Dialog in Deutschland nicht bald von einer Bundesregierung moderiert wird. Wir brauchen meiner Ansicht nach zur Zeit nichts mehr, als einen klaren Kurs mit Signalen in jede Richtung. Ich bin ehrlich gesagt für einen schnellen Lockdown, ohne Ausnahmen, dafür aber nicht so lang. Danach Schrittweise öffnen und Abtasten, was möglich ist. Ich bin kein Experte, aber wenn man die Experten hört, müssen dringend Kontakte reduziert werden!

Wenn wir weiter alle Feste feiern und in den Urlaub fahren, wird das nicht besser werden, eigentlich logisch. Ich wünsche es mir auch anders, aber so ist die Situation. Grade wenn ich an die Krankenhäuser denke, wird es einfach nicht anders gehen. Als in Hamburg EHEC ausbrach, habe ich dort in einer Klinik gearbeitet, die viele Patienten verlegen musste, aufgrund der Dialyse Kapazitäten. Das ist eine Katastrophe, wenn es so kommt. Es fehlen dann überall Ärzte, weil die die Verlegung begleiten müssen und das Pflegepersonal kommt in Erklärungsnot und benötigt zu dem selbst Unterstützung. Kein wünschenswerter Zustand, für niemanden. Trotzdem sollten wir versuchen besonnen miteinander umzugehen, weil wir zu starke Emotionen vielleicht im Anschluß an die Pandemie bereuen werden, noch wissen wir einfach zu wenig. Wir hoffen, dass die Impfung uns schützt, aber die neue Variante stellt auch diese Hoffnung wieder in Frage. Wir müssen jetzt ganz einfach stark sein. Alleine zwar, aber doch auch ganz besonders für einander.

In diesem Sinne, bleibt gesund!

Mo