Herr Fröhlich

Herr Fröhlich war ein guter Mann,
Der immer höflich nickte,
Ihm haftete nichts böses an,
Wohin man ihn auch schickte.

Für jeden hatte er ein nettes Wort,
Für die Armen immer etwas Geld,
Man kannte ihn im ganzen Ort,
Und er selbst kannte die ganze Welt.

Fröhlich, freundlich, aber distanziert,
Bis der Krieg auch seinen Ort erreichte,
Fröhlichs Brust nun reich verziert,
Aus seinem Lächeln schwand das Leichte.

Herr Fröhlich war ein guter Mann,
Der immer höflich nickte,
So lange bis der Krieg begann,
Und man ihn zum töten schickte.

M.M.

Kaffee am See

Gedankenverloren, in Verboten schwelgend,
Saß dort ein Deutscher im Café,
Wütende Ohren, speckige Finger,
Aß er allein, am größten Tisch,
Mit dem besten Blick auf den See.

M.M.

Düsteres Mobile

Nebelschwaden liegen über der Welt,
Düstere Kaskaden werden folgen,
Alles flieht hinter hohe Palisaden,
Alles hängt am dünnen Faden.

Ein Mobile vom Sternenzelt,
Zerbrechlich, zarte Menschenwelt,
Sollte Ruhe sich bewahren,
Ehe von den Schnüren fällt,
Was sicher schien, seit Jahren.

M.M.

Lange Nächte

Dunkel sind die Tränen,
Hell erscheint die Nacht,
Für alle, die sich sehnen,
Hat viel Zeit sie mitgebracht.

Stund um Stunde Traurigkeit,
Und viele schwarze Träume,
Zu einer Lösung nicht bereit,
Durchwandern sie die Räume.

Nur eine Nacht oder auch viele,
Jede ist wie eine lange Reise,
Wenn doch nur vom Himmel fiele,
Worum ich hier schon lange kreise.

M.M.

Stadt

Bahnen donnern durch die rohen Tunnel,
Voll besetzt mit seelenlosen Gepäckstücken. Apokalyptische Träume rasen durch die Stadt,
Durchqueren die Kryptischen Räume,
Die der Mensch, wie symmetrische Dschungel,
Als neue Lebensräume, nur für sich allein geschaffen hat.

M.M.

Tschernobyl

Der Reaktorkern ist eingekracht,
Über allem liegt ein grüner Schimmer,
So surreal wirkt diese Nacht,
Doch sie wird Wirklichkeit für immer.

Tapfer kämpft die Brandabwehr,
Gegen all die grünen Feuer,
Die Luft dabei wirkt seltsam schwer,
Ist der Träger für das Ungeheuer.

Niemand kann die Wahrheit sehen,
Niemand wird sie überleben,
Die Schatten werden nie vergehen
Und manche Fehler nie vergeben.

M.M.

Schwarze Sonne

Im Abendland geht eine schwarze Sonne auf,
Sie thront über den Toren der Stadt,
Die Menschen füttern sie mit dichtem Rauch,
Der alle Farbe in düsteres Grau verwandelt hat.

Immer größer wird der schwarze Kreis,
Sein Schimmer ist wie Gift für diese Welt,
Im rechten Licht erscheint er weiß,
Obwohl er dunkle Kraft enthält.

Im Abendland geht eine schwarze Sonne unter,
Und weißes Licht erhellt die Stadt,
Die schwarze Kugel sinkt herunter,
Doch sie ist lange noch nicht satt.

Ihr Hunger ist unstillbar groß,
Sie frisst den Rauch der ganzen Welt,
Untergang, ihr schweres Los,
Untergang, weil nichts sie hält.

M.M.

Millionen

Unsere Kleider sind vergiftet,
Unser Hunger grenzenlos,
Wir sind völlig abgedriftet,
Blanke Gier, sie ist zu groß.

Hunderttausende sterben so kläglich,
Milliarden Bäume fallen täglich,
Millionen heimatlose suchen,
Billionen Dollar zu verfluchen.

Massen, Massen von überall her,
Massige Mastschweine, tonnenschwer,
Gemästete Gänse, die Leber zu fressen,
Geächtete Gräber in Minen vergessen,
Flüsse, Seen und Meere verpestet,
Schüsse, Gewehre und Drohnen getestet,
Kriege, Kriege und Tod und Gewalt,
Krise, Krise, der Kaffee ist kalt!

M.M.

Rausch

Haufen von Koka liegen am Strand,
Blue Chrystal glitzert das Mehr,
Gebräunte Nasen voll weißem Sand,
Eine Line zieht vor der Sonne her.

Ein Inselparadies mit bestem Grün,
Palmen, Party, Pina Colada,
Brüste, die Schampus versprühen,
Und pure Muskeln tanzen Lambada.

Meeresrauschen, Rauschen, Rausch,
Die Pillen gehen langsam aus,
Voll auf Turkey schwimm ich nach Haus.
Wellenschlagen, Schlagen, Schlag.

M.M.

Deutschland

Ein Reich von tausend Königen,
Das die Einigkeit nie fand,
Eine Herrschaft von ganz wenigen,
Der Beamtenstaat mit harter Hand.

Tage der großen Kaiserreiche,
Tage der Industrie,
Jahre der großen Zapfenstreiche,
Jahre der herrischen Phantasie.

In Stein gemeißelte Ideologie,
Germania, die große Halle,
Wahn, Ja, Größenwahnsinn und Manie,
Alemannia, die Menschenfalle.

Die Dekaden der deutschen Demokratie,
Eine Mauer, um sie zu halten,
Zwei Staaten verwalten, zweimal Strategie,
Und große Kriege, die erkalten.

Doch Naziland ist abgebrannt
Und Dresden starb den Feuertod,
Marxstadt wurde umbenannt,
Und all die Kaiser sind längst tot.

Die Grenzen sind nun anerkannt,
Stilles Gedenken, statt Denkverbot,
Aus der großen Nation wurde deutsches Land,
Das vor allem der Nationalismus bedroht.

Es bleibt doch immer deutsches Land,
Wir Deutschen sind doch immer noch da,
Deutsche in Deutschland,
Wie jedes Jahr.

Es braucht keinen Führer aus Austria,
Es braucht keine Hauptstadt Germania,
Es braucht keine wütende Kriegerschar,
Denn Deutschland, Deutschland,
Ist immer noch da.

M.M.